Da ist es wieder: kaum betrete ich den Raum, verstummt das vorher so
angeregte Geplapper und nur vereinzeltes Tuscheln ist zu vernehmen. Das
kann nicht nur mit meiner außergewöhnlichen Erscheinung zu tun haben, da
es sich bei den Anwesenden
a) um Familie handelt und
b) das
Außergewöhnliche höchstens in der Fantasie eines Einzelnen Bestand haben
könnte.
Es ist Frühjahr 2011 und aus den geflüsterten
Gesprächsfetzen kann ich nur sowas wie "Überraschung" und "Fete"
entnehmen. Na super: die planen die Feierlichkeiten meines 50ten. Da man
mir nichts weiter dazu sagt, habe ich also auch keinen Termin und
beschliesse, an dieser Feier nicht teilzunehmen! Aus irgendeinem mir
nicht bekannten Grund genehmigt man mir vier Wochen Urlaub, was zu einem
Luxusproblem führt, da Anke nur drei Wochen bekommt. So entwickelt sich
mit und mit ein Plan, dessen Realisierung die Zeit bis dahin wie im
Flug vergehen lässt. Ich fahre eine Woche alleine in meinen Geburtstag
rein und habe als Fixpunkt nur den 22.05. / 17:20 in Cagliari, denn da
landet Ankes Flieger. Mein treuer Gefährte vieler Urlaubsreisen hat
mittlerweile 130.000 km auf dem Buckel und steht kurz vor dem Erreichen
der Pflegestufe 2, was mich nicht daran hindert, ihm die Last für einen
mehrwöchigen Trip zweier Personen aufzubürden. Die Diskussionen über die
Notwendigkeit meiner Abwesenheit wurden auf den Zeitraum in vier Wochen
verschoben und es geht los.
Wenn man nach so langer Zeit noch einmal
ganz alleine mit sich und der Natur unterwegs ist, entstehen Gedanken
und Gefühle, die Bücher füllen könnten. So beschränke ich mich darauf,
dass ich innerhalb dieser Woche einen schönen Ausflug durch Eifel,
Saarland, Elsass, Vercors und Jura unternommen habe und vor lauter
Nachdenken und Genießen erst am Lac d'Annecy einen Fotostop eingelegt
habe
Lac d'Annecy
Mittlerweile habe ich auch am Fuße des Colombier bei einer Pizza und
einer Flasche Rotwein mein persönliches Jahrhundert halbiert und quere
am Col de Larche die Grenze nach Italien
Col de Larche
Durch Ligurien mit einem großen Bogen um Genua nehme ich mir
anschließend noch einen Tag Zeit für die Toskana, bevor ich mich doch
noch beeilen muß, die Nachtfähre in Livorno zu erreichen.
Am nächsten Morgen rolle ich schon um 7:00 Uhr in Olbia von der Fähre
und mache mich auf den Weg in Richtung Süden. Hier registriere ich schon
im Vorbeifahren die Versprechen der Reiseführer. Immer schön in
Küstennähe fahre ich über Siniscola, Orosei und Dorgali über die
schwindelerregende SS125, bis ich bei Bari in Torre di Bari auf dem
empfehlenswerten Camping "La Pineta" einchecke. Zelt aufbauen, Gepäck
abmontieren und im Zelt verstauen und weiter zum Flughafen. Und wieder
ist es die SS125, die Suchtgefährdend den Weg weist und trotz
sportlicher Gangart einen eher bescheidenen Schnitt zulässt.
Ich
schaffe es tatsächlich, entscheidende Minuten vor Anke in der
Ankunftshalle zu sein und muss mir zur Begrüßung anhören, dass ich doch
alt geworden wäre... Wenn jetzt nicht die 150 km Rückfahrt anstehen würden, könnte der Urlaub beginnen.
Die
nächsten Tage gehören Ausflügen an der Ostküste, die uns in das
Gennargentu Massiv führen, wo die Straßen Korkenziehern gleichen und
eine schöne Berg- und Talbahn bieten. Doch auch die Küste lockt mit
kleinen, versteckten Felsbuchten zum Baden.
Der Strand des Campingplatzes lässt uns bei den herrschenden
Temperaturen den Verzicht aufs Motorradfahren leicht fallen. Ganz schön
überfüllt:
Quer über das Dach der Insel zieht es uns an die Ostküste; die Costa
Verde. Hier finden wir ausgedehnte Strände und Dünen in einer Berg- landschaft, die von ausgedienten Kohle- und Silberminen ausgehöhlt
ist und so regelrechte Geisterstädte hinterlassen hat. Unser
Camping- platz "Sciopadroxiu" ist nur über eine tiefe
Sandpiste incl. zweier Bachdurchfahrten zu erreichen und weitet sich in
einen unglaublichen Sandstrand am berühmten Hotel Le Dune.
Auch hier unternehmen wir wieder Tagesausflüge, wie nach Iglesias mit
seiner schönen Altstadt oder nach Buggeru, das in seiner
Abgeschiedenheit im Schatten einer hohen Felswand sehr reizvoll ist. Die
weitere Strecke südlich nach Masua ist ein landschaftliches Highlight
und bietet tolle Ausblicke auf den vorgelagerten Felsen "Pan di
Zucchero".
Pan di Zucchero bei Masua
Uns zieht es weiter in den Norden nach Bosa. Leider existiert der in den
Karten verzeichnete Campingplatz nicht mehr, sodass wir uns auf einem
Stellplatz für Wohnmobile direkt am Strand einquartieren und den
Sonnenuntergang sehr intensiv geniessen können
Bosa
Bosa mit seinem Kastell oberhalb der sich den Berg hochziehenden
mittelalterlichen Altstadt ist für uns der schönste Ort auf Sardinien.
Die Häuser sind bunt bemalt und die engen Gassen ziehen sich steil den
Berg hinauf. Schon die Lage am einzigen schiffbaren Fluß Sardiniens
zwischen flachen Tafelbergen ist schön anzusehen. Umso verwunderlicher,
dass hier kaum Tourismus anzutreffen ist.
Bosa
Bosa
Tourismus satt gibt es dafür in Alghero: eine an sich wunderschöne
Stadt, die leider total überlaufen und mit Souvenirläden verkitscht ist.
Trotzdem lohnt ein Besuch. Bis dahin sind wir aber bereits den
Verlockungen der Küstenstraße erlegen. Die Entfernung von knapp 50 km
haben wir auf 150 km ausgedehnt, da wir über die Landseite einen Kreis
zurück nach Bosa gefahren sind und die Küstenstraße leider noch ein
zweitesmal befahren mußten
Der Tag führt uns nach Torre del Porticciolo auf den gleichnamigen
Campingplatz. Schon von weitem kann man das Capo Caccia erkennen: ein
hoch aufragender Kalkklotzan der Spitze einer Halbinsel. Hier sind wir
gezählte 652 steile Stufen zur Grotta del Nettuno hinabgestiegen; leider
auch wieder rauf
Capo Caccia
Cap Caccia
Capo dell Argentiera
Weiter im Norden liegt das Capo dell Argientera, das im Reiseführer ob
seiner verlassenen Bergwerkssiedlungen und Geisterstädte beschrieben
wird. Aber hier wird mittlerweile aufwändig restauriert, sodass man den
Ausschnitt der Kamera schon bewußt wählen muß, um diese Symbolik
einfangen zu können
Ganz im Norden der Insel lockt das Capo del Falcona mit einem Traumstrand
Capo del Falcona
Capo del Falcona
Auch wenn der Blick und die Farben wirklich beeindruckend sind, so kann
die Nordspitze uns landschaftlich nicht weiter fesseln, zumal die
Straßen schnurgeradeaus durch flaches Land führen. Abends auf dem Platz
können wir bei Blick auf den Torre der Sonne bei ihrem Sturz ins Meer
zusehen
Castelsardo
Über Land streifen wir im Zentrum die großen Stauseen, bummeln durch die
schöne Altstadt von Tempio Pausania und bewundern im Valle della Luna,
was Riesen vor Jahrmillionen mit ihrem Murmelspiel angestellt haben, bevor wir die alte Festungsstadt Castelsardo erreichen und wieder die
Gummisohlen unseres Motorrades mit den Wanderschuhen tauschen. Auch hier
ziehen sich enge und steile Gassen über unzählige Stufen der Berg
hinauf. Castelsardo wird auf drei Seiten vom Mittelmeer umschlossen und
bietet so tolle Ausblicke auf die umliegende Küstenlinie.
Der heutige Tag gehört fast ausschließlich dem Capo Testa, einem wahren
Felsenmeer auf einer Halbinsel bei Santa Teresa im Nordosten Sardiniens.
Eine unüberschaubare Wildnis aus Granit, die die bizarrsten Formen
bildet. Wir klettern den ganzen Tag durch die Felsen und können gar
nicht genug davon bekommen.
Capo Testa
Capo Testa
Am Capo Testa
Auf dem Rückweg streifen wir noch die Costa Paradiso (was für ein Name),
wo naturnaher Tourismus gelebt wird und die Infrastruktur sich schön in
die Landschaft einpasst. Uns haben trotzdem die roten Felsen im
glasklaren blauen Meer besser gefallen
Costa Paradiso
Drei Wochen Sardinien gehen zu Ende und wir haben noch den ganzen Tag
Zeit, bis die Nachtfähre geht. Wir wollen uns noch Palau ansehen und
machen natürlich auch den obligatorischen Abstecher zum Wahrzeichen der
Insel, dem Capo d'Orso (Bärenkap). Je nach Blickwinkel kann man in der
Felsformation einen Bären erkennen, dem wir uns von hinten nähern
Capo d`'Orso
Beim Blick hinunter können wir die Inselgruppe La Maddalena sehen und
entscheiden uns spontan für die Fährüberfahrt dorthin. Dank dieser
Entscheidung erleben wir zum Abschluß des Urlaubes noch ein absolutes
Highlight, dass wir jedem Sardinienbesucher nur ans Herz legen können.
Ganz Sardinien findet sich hier in komprimierter Form wieder. An diesem
Tag befahren wir wohl jeden Kilometer der beiden Hauptinseln La
Maddalena und Isola Caprera, die durch einen schmalen Steg miteinander
verbunden sind. Die Stadt La Maddalena bietet um den Hafen herum mit
seinen granitgepflasterten Gassen ein reizvolles Ambiente und die
Umrundung der Inseln herrliche Ausblicke und viele schöne
Pausenfleckchen
La Maddalena
Auf La Maddalena
La Maddalena
So müssen wir uns auch jetzt wieder sputen, die Fähre zu erwischen und
erlauben uns am nächsten Morgen einen übermütigen Abstecher von Livorno
nach Voltera und San Gimignano um beim mehrfachen Eisweltmeister in der
Gelateria di Piazza noch ein Eis zu genießen (man gönnt sich ja sonst
schon keinen Luxus) und bummeln durch Ligurien zurück, bevor wir über
Grenoble wieder ins Jura finden und uns dann doch noch der Zeit
unterordnen zu müssen, indem wir für die letzten Kilometer die Autobahn
nutzen. Voller Stolz vermeldet der Tachostand meiner alten Freewind
141.248 km; braves Mädchen
Die
Mimik, die Gestik und vor allem die Augen des freundlichen Mitarbeiters
im Motorradfachhandel beinhalten nur noch Fragezeichen. Es ist Mitte
April und die ersten wärmeren Frühlingstage locken Heerscharen von
Motorradfahrern in den Laden, um nach Airflow - Kleidung zu suchen. Und
dann kommt da so ein komisches Pärchen und fragt nach beheizbaren
Handschuhen. Mit dem Hinweis, das uns sein Haus als Vertragshändler
seitens des Herstellers empfohlen worden ist, kehrt Leben in seine
Aktionen zurück und ruckzuck sind die Dinger bestellt. Seine offen
gezeigte Neugierde befriedigen wir noch mit der Nennung unseres
Reisezieles und der Kälteempfindlichkeit eines der beiden Reisenden. Dass
die Lieferung der Handschuhe zwei ganze Wochen erfordert, bringt den
Zeitplan soweit durcheinander, dass die Montage erst zwei Tage vor
Abfahrt erledigt werden kann, was aber keinerlei Probleme mit sich
bringt.
Warum Schottland?
Eigentlich
war doch Kirgisien geplant und viele Vorbereitungen waren bereits
erledigt. Allerdings hat uns die Situation in der Ukraine doch
erschreckt und wir haben bereits früh mögliche Alternativen gesucht. Da
wir Nordeuropa noch nicht bereist haben und uns Schottland als "letzte
Wildnis Europas" schon lange gereizt hat, ist die Entscheidung quick
& dirty zustande gekommen. Wie immer wollen wir mit dem Zelt
reisen, da wir es lieben morgens noch nicht zu wissen, wo man abends
landet und haben uns auf der Karte nur die Dinge markiert, die wir
möglichst sehen wollen.
Der Start
Donnerstag,
den 08.05. ist um 17:00 Uhr die Fähre von Amsterdam nach Newcastle
gebucht. Da das von Aachen aus nur bescheidene 300 km sind, können wir
noch Morgens in aller Ruhe packen und machen uns gegen Mittag gemütlich
auf den Weg, wobei wir uns schon einmal an das schottische Wetter
gewöhnen können: Dauerregen! Im Gegensatz zu unseren bisherigen
Fährpassagen müssen wir bei der DFDS Seaways die KTM selber verzurren,
werden aber immerhin darauf aufmerksam gemacht, dass mit heftigem
Seegang gerechnet wird. Und dabei werde ich schon in der Badewanne
seekrank...
Mit der DFDS ab Amsterdam
Trotzdem verbringen wir eine ruhige Nacht in der Kabine und rollen am
nächsten Morgen um 9:00 ausgeschlafen nach einem ausgiebigen Frühstück
von Bord.
Die Sache mit dem Linksverkehr
Woran
sollte ich noch einmal denken? Ach ja: Linksverkehr! Nach zweimaliger
Passkontrolle durch den Zoll incl. zweimaliger Abnahme des Helms kann
die Übung beginnen. Ich denke, dass bei der Hafenausfahrt extra 20
Kreisverkehre angelegt wurden, die bei relativer Verkehrsarmut die
Eingewöhnung erleichtern und muss zugeben, dass bei entsprechender
Konzentration die Umstellung keine große Herausforderung darstellt. Aber
dann die volle Konfrontation: Gegen- und Kreisverkehre in einem sehr
weitläufigen Bogen um Newcastle herum.
bei Otterburg
bei Otterburg
Bald schon biegen wir auf kleine
Landstraßen ab, die uns bei Otterburg durch sanft hügeliges Weideland
führen
und erreichen Jedburgh in den Scottish Borders. Dort steht
die Ruine eines alten Augustinerklosters; die Jedburgh Abbey
Jedburgh Abbey
Jedburgh Abbey
Wir finden irgendwann einen Campingplatz in dem Ort Peebles, wo wir für zwei Nächte
unser Lager errichten.
Am nächsten Morgen machen wir uns auf in Richtung
Edinburgh, das wir einen ganzen Tag durchstreifen. Die wirklich schöne
Hauptstadt Schottlands reizt mit vielen alten Gebäuden entlang der
Royal Mile, dem Edinburgh Castle und vielen kleinen und steilen Gassen
in Kombination mit dem jugendlichen Elan einer Universitätsstadt.
Edinburgh Castle
Edinburgh
Edinburgh
Edinburgh
Trotz Wolken und Regen drehen wir noch eine kleine Runde in den Borders,
dem schottisch - englischen Grenzgebiet, und können schon eine Ahnung
für die Weite der Landschaften entwickeln:
Tags darauf quälen wir uns durch den wenig reizvollen Speckgürtel
zwischen Glasgow und Edinburgh bevor wir westlich von Stirling mit dem
Lake of Menteith den einzigen See Schottlands erreichen und durch den Nationalpark
Trossachs streifen. Fahrerisch kommt man hier auf winzigen Sträßchen,
die sich verwinkelt und extrem wellig durch den Wald schlängeln, voll
auf seine Kosten. Eine echte Herausforderung stellen die unzähligen
"blind summits" dar: blinde Kuppen, die zu verhaltenem Umgang mit dem
Gasgriff zwingen!
Rest and be Thankful
Auch wenn der Pass "Rest and be Thankful" nur 262
Meter hoch ist, so nähern sich doch die Temperaturen dem Gefrierpunkt
und es fühlt sich an wie in den Hochalpen
Kilchum Castle
Am Loch Awe passieren wir Kilchum Castle bevor wir uns in Oban einen Campingplatz direkt oberhalb des Atlantiks
suchen. Der Weg zum Wasser führt durch einen Märchenwald und verblüfft
aufgrund seines Blütenreichtums
Oban ist ein hübsches kleines Hafenstädtchen, das sich in einem weiten Bogen in die Bucht schmiegt
Oban
Castle Stalker
Zwar könnten wir von hier aus unser nächstes Ziel, die Isle of Mull, mit
der Fähre erreichen, entscheiden uns aufgrund des immerhin trockenen
Wetters jedoch für einen großen Bogen über Land, wo wir alsbald zum
Castlestalker mutieren und das Castle Stalker besuchen.
Über Fort William und Glenfinnan setzen wir bei strömendem Regen die
Fahrt fort. Kaum setzen wir den Blinker in Richtung Süden, werden die
Schauer auch schon von Schönwetterpassagen unterbrochen und wir
erreichen bei traumhaften Ausblicken über Salen und Strontian den
kleinen Fährhagen Lochaline, von wo aus wir knapp zehn Minuten später
die Isle of Mull erreichen. Schon bei der Suche nach einem
Campingplatz erscheint uns die Insel als so schön, dass wir beschließen,
zwei Tage hier zu verbringen
Isle of Mull
Isle of Mull
Küstenstrasse im Westen der Isle of Mull
Und so quartieren wir uns in Craignure auf einem Platz mit Blick über die Scallastle Bay ein und genießen den Ausblick,
Scallastle Bay
bevor uns einsetzender Starkregen ins Zelt treibt.
Schon am nächsten Morgen hat sich alles zum Guten gewendet. Die Sonne
strahlt von einem blankgeputzten Himmel und die Menschen sind dermaßen
fröhlich. Ich pfeife bereits seit dem Aufstehen U2's "Beautiful Day"
und genieße die Situation. Dazu kommt, dass Mull ein absolutes
Motorradparadies ist: 260km Küstenstraße als Single Track Road ohne
erwähnenswerten Verkehr bei unglaublichen Ausblicken und Eindrücken.
Zunächst umfahren wir den 966 Meter hohen Ben More und nehmen die vier
kleinen Sackgassen im Süden mit. Welches Glück wir mit dem Wetter haben
können wir anhand des Moosbewuchses erahnen.
Bei Croggan endet die Single Track Road in einen verlassenen Strand
Eine Sackgasse weiter bei Lochbuie lockt noch mehr Einsamkeit in absoluter Traumlage
Wir können gar nicht genug von der Schönheit der Insel bekommen und
lassen uns von der nächsten vielversprechenden Aussicht wieder ans Meer
locken. Für wen allerdings die Telefonzelle aufgestellt wurde, lässt
sich nicht wirklich nachvollziehen
Die Küstenstraße im Westen ist eine Traumstrecke, die auch abseits der
Route versteckte Wasserfälle und herrliche Sandstrände bietet
Auf dem Rückweg erkundigen wir uns in der Inselhauptstadt Tobermory nach den Abfahrtszeiten der Fähre für den nächsten Tag
Tobermory
und setzen am nächsten Morgen nach Kilchoan über. Leider hat sich das
Wetter wieder drastisch gedreht und wir fahren bei Kälte und strömendem
Regen die "Road to the Isles" nach Mallaig und nehmen die nächste Fähre
auf die Isle of Skye. Die Schiffe der Fährlinien sind hier eine
selbstverständliche Verlängerung der Straße und verkürzen so manche
Strecke. Bedingt durch Regen und Nebel können wir die Umgebung leider
noch nicht einmal erahnen. Der im Vorfeld ausgeguckte Campingplatz
verweigert uns witterungsbedingt die Aufnahme, da die erwarteten
Regenfälle den Untergrund für Zelte zu unsicher machen... In Portree
macht man sich darüber weniger Sorgen und wir sind froh, dass die
hiesigen Plätze alle über eine sehr gute Infrastruktur verfügen, die
auch Aufenthaltsräume für Outdoorer bietet. Die Trockenheit des nächsten
Tages wird durch heftigen Wind erkauft, ermöglicht uns dafür aber die
Umrundung der Insel.
Isle of Skye
Im Nordosten stürzt sich am "Kilt Rock" ein
Wasserfall über 80 Meter die Basaltfelsen hinab
Kurz vor der Nordspitze windet sich eine atemberaubende, steile
einspurige Straße als Querverbindung durch das Quiraing-Massiv: eine
Mondlandschaft aus grün überwucherten Felsen und Basalttürmen, wie The
Prison, The Needle und The Table
Quiraing - Massiv
Neist Point
Ganz im Westen erwandern wir den Leuchtturm am Neist Point, bevor wir
bei Sligachan mit der alten Brücke am Fuß der Cuillin Hills eines der
Wahrzeichen von Skye entdecken
Im Vergleich zu Mull enttäuscht uns Skye ein wenig. Es gibt viel mehr
Verkehr bei deutlich größeren Straßen und verstärktem Tourismus. So
brechen wir am nächsten Tag wieder auf und entdecken in einer Sackgasse
bei Broadford mit der Cill Chriosd die Ruine einer Friedhofskapelle, die
von einem Friedhof mit verwitterten Grabsteinen umgeben ist
Cill Chriosd
Cill Chriosd bei Broadford
Bei Kyle of Lochalsh nutzen wir die Skyebridge, die die Insel mit dem
Festland verbindet und genehmigen uns noch einen Abstecher zum
Highlander: Eilean Donan Castle
Eilean Donan Castle
In der Anfahrt auf den 626 Meter hohen Pass Bealach-na Bo zieht sich der
Himmel bedenklich zu und der Wind komprimiert sich in dem Felskessel
zum Sturm. Das Ganze in Verbindung mit Serpentinen, Spitzkehren und bis
zu 30% Steigung auf einer einspurigen Straße rechtfertigt die in der
Einfahrt aufgestellten Warnschilder
Bealach-na Bo in Richtung Applecross
Die Küstenstraße von Applecross entlang des Inner Sound und durch den
Landstrich Wester Ross bietet alle paar Meter Ausblicke, die ein zügiges
Vorankommen unmöglich machen
Die Straße ähnelt einer Achterbahn, die hakenschlagend jeden Felsen
einzeln zu umrunden scheint und sich in sanften Wellen über Kuppen
schaukelt. Irgendwann erreichen wir doch noch Gairloch und checken auf
einem traumhaften Campingplatz in den Dünen ein
Campingplatz bei Gairloch
Auf dem Weg zum Leuchtturm Rubha Reidh windet sich die Straße auch über ein paar Behelfsbrücken aus Holz
Fahrerisch wie landschaftlich ist die Strecke entlang von Loch Ewe und
Loch Broom wieder ein Volltreffer. Die Küste ist wild zerklüftet
Über Ullapool erreichen wir am späten Nachmittag Scourie, wo wir
wiederum einen Zeltplatz direkt am Atlantik finden. Beim Zeltaufbau
bricht ein Alugestänge, wodurch wir zur Reparatur gezwungen werden. Wie
gut der Zeitpunkt für den Defekt gewählt ist, wissen wir in der
folgenden Nacht zu schätzen, da es extrem stürmisch (und regnerisch)
wird und ich noch zusätzliche Sturmleinen anbringen muss. Auch wenn es
am nächsten Morgen trocken ist, trauen wir dem Wetter nicht
Campingplatz in Scourie
So macht Aufstehen Spaß
und entscheiden uns für eine Runde in der näheren Umgebung und bummeln
zunächst durch Ullapool, das eigentlich nur aus einer Häuserzeile direkt
am Meer besteht.
Ullapool
Im Anschluss nehmen wir die Coastal Scenic Road, die sich kaum zwei
Meter breit in einer einzigen Berg- und Talfahrt schön kurvenreich am
Atlantik entlang schlängelt. Dabei streifen wir weitläufige Strände, die
in Südeuropa kilometerlange Hotelmeilen entstehen ließen aber hier halt
keiner "normalen" Nutzung als Baderevier entgegenkommen. Dafür werden
wir mit unverfälschten Naturerlebnissen belohnt, die für jeden
zugänglich sind, der sich ein wenig Mühe macht.
Gegen Abend verziehen sich die Wolken und wir werden mit einem unglaublichen Sonnenuntergang belohnt
Heute wollen wir ganz in den Norden und machen uns nach einem Umweg über
die Sandwood Bay auf den Weg nach Durness. Hier haben wir von der Ruine
einer Friedhofskapelle direkt am Atlantik gelesen, die unsere
Vorstellungen noch weit übertrifft
bei Durness
bei Durness
Ein schmaler Weg schlängelt sich in Richtung der Smoo Cave: eine Höhle,
die von der Brandung geformt am Ende einer schmalen Bucht liegt, und in
die sich ein Wasserfall ergießt.
Loch Naver
Wir umrunden auf dem weiteren Weg das Loch Eriboll und biegen bei Tongue
Richtung Süden in die Highlands ab. Am Loch Naver vorbei erreichen wir Lairg und schlagen dort unser Zelt auf.
Der nächste
Tag bringt sonniges Wetter und wir brechen früh auf. Wir umrunden den
Fjord des Dornoch Firth und bummeln entlang der Südseite des Cromarty
Firth. Cromarty selber ist ein hübsches kleines Städtchen, in dem wir
bei hochsommerlichen 18° unser erstes Urlaubseis genießen. Am Chanonry
Point bei Fortrose können wir Delfine beobachten und lassen bei
Inverness das berühmte Loch Ness rechts liegen, indem wir den Weg in
östlicher Richtung wählen. Die Suche nach einem Campingplatz zieht sich
ein wenig, da man uns in Küstennähe aufgrund der Sturmvorhersagen kein
Asyl gewähren will. Also ab ins Landesinnere und schon 20 km weiter
erlöst man uns von unserer Suche. Auch wenn wir heute viel gesehen
haben, stellen wir doch eine Art Reizüberflutung fest. Wollen wir
vielleicht zu viel und haben deshalb die spektakuläre Westküste zu früh
verlassen? Hier an der Ostseite ist es zwar nett und fahrerisch
ebenfalls ok, aber abgesehen vom ständig präsenten Wasser erinnert das
Ganze an Eifel und Ardennen auf der falschen Straßenseite. Der
angekündigte Sturm hat über Nacht Regen gebracht, sodass es heute neblig
und trüb ist. Im Hafen von Findochty fragen wir uns, ob die Fischer
wirklich nur auf die Flut oder vielleicht doch auf bessere Zeiten warten
Findochty
Immer auf der Suche nach den kleinen Wegen entlang der Küstenlinie
entdecken wir das Örtchen Crovie, das sich entlang einer Bucht zwischen
Meer und Fels an einem schmalen Weg entlang windet. Ein ursprüngliches
Fischernest, das mit einigen liebevollen Details überrascht
Crovie
Crovie
Crovie
Bei Frazerburgh können wir die ausgedehnte Dünenlandschaft noch bei
Sonne genießen, bevor wir eine Stunde später bei einsetzendem Regen den
Tag bei Peterhead abbrechen.
Strand von Frazerburgh
Strand von Frazerburgh
Heute machen wir da weiter wo wir gestern aufgehört haben: Dauerregen
wechselt sich mit Starkregen ab. Was soll's: wir sind in Schottland und
hoffen auf das altbewährte Mittel der schnellen Wetterwechsel. Leider
trügt heute die Hoffnung, sodass wir ohne Pause durch Aberdeen fahren
und uns kurz darauf in Richtung Westen durch die Grampian Mountains
schlagen. Die Strecke ist bei der Witterung schlecht gewählt, da es hoch
hinaus geht und immer kälter wird. Ein kurzer Stop nördlich von
Ballater an der Brücke über den River Dee
bei Ballater
und weiter geht es durch ein Skigebiet. Da wir wieder in den Westen
wollen, wählen wir dieses Mal in Inverness den Weg über Loch Ness und
surfen am westlichen Ufer entlang bis Fort Augustus. Dort bauen wir
unser ohnehin noch nasses Zelt im Regen auf und genießen anschließend
den Wechsel zum heißen Wasser der Dusche. Der nächste Morgen bringt
bestes schottisches Sommerwetter: Sonne und Regen. Da wir keine Lust auf
eine Wiederholung der gestrigen Wetterkapriolen haben, wandern wir am
Kanal entlang, der hier die Boote über acht Schleusenstufen das südliche
Ende von Loch Ness mit dem Caledonian Canal verbindet.
Fort Augustus
Da sich die Sonne durchsetzt, machen wir uns doch noch auf den Weg , die
Sackgasse des Glen Garry zu erkunden. In den letzten Jahren meinen wir
entdeckt zu haben, dass sich ein Land in seiner (verbliebenen)
Ursprünglichkeit am besten in den Sackgassen entdecken lässt. Der
moderne und mobile Reisende nutzt meistens die Transitstrecken, wo sich
die Infrastruktur anpasst. Das Glen Garry windet sich als Single Track
Road im stetigen Auf und Ab von Invergarry nach Kinloch Hournund
verbindet den Kaledonischen Graben mit einem Atlantikfjord, dem Loch
Hourn. Landschaftlich und von der Stimmung her eines der Highlights der
bisherigen Reise:
Glen Garry
Über das Hochland des Glen Coe (Skilifte noch in Betrieb!) erreichen wir
das Glen Orchy, durch das sich wieder eine der schönen Single Track
Roads windet. Auf der Suche nach einem Wasserfall, der sich von drei
Seiten in eine kleine Schluchtstürzen soll müssen wir eine provisorische
Brücke passieren:
Glen Orchy
Glen Orchy
Wir wandern weiter entlang des wunderschönen Loch Awe
am Loch Awe
Loch Awe
und bauen unser Zelt am Abend auf der Halbinsel Kintyre in Carradale auf
nachdem wir im Skipness Castle noch schnell mit dem Kopf durch die Wand
sind:
Skipness Castle
Campingplatz in Carradale auf Kintyre
Bereits auf dem Weg in Richtung Heimat umrunden wir Kintyre, das sich mit
vielen schönen Buchten und einer lieblichen Hügellandschaft für einen
eigenständigen Urlaub empfiehlt und setzen mit der Fähre von Tarbert
nach Portavadie über.
Tarbert auf Kintyre
Cumbrian Mountains
Cumbrian Mountains
Cumbrian Mountains
Cumbrian Mountains
Bereits eine Stunde später befahren wir die nächste Fähre nach Gourock
und können damit Glasgow umgehen. Aufgrund des einsetzenden Regens
nehmen wir die Schnellstraße in Richtung Süden bis zum Zeltplatz in
Barhill. Da es am nächsten Morgen immer noch regnet, fahren wir zügig
und ohne größere Unterbrechungen die schottische Südküste entlang und
wechseln bei Gretna Green auf die englische Seite. Die Wolkendecke reißt
auf und bis wir über Carlisle nach Lorton auf einen Campingplatz
rollen, hat sich die Sonne soweit durchgesetzt, dass wir den Abend noch
lange draußen verbringen können. Lorton liegt im Lake District in den
Cumbrian Mountains. Die Gegend ist eigentlich einen eigenständigen
Urlaub wert und wir können wenigstens einen Tag bei herrlichem Wetter
ohne Gepäck diese Bilderbuchlandschaft bereisen. Das Ganze wirkt wie
eine Puppenstube mit Häkeldeckchenromantik, was durchaus positiv zu
verstehen ist.Ca. 60 Seen liegen hier eingebettet in eine
Hügellandschaft und es gibt Passstraßen, die zwar nur knapp 350 Meter
hoch sind, aber dafür mit Serpentinen, Spitzkehren und bis zu 30%
Steigung dienen können.
Cumbrian Mountains
Der letzte Tag ist schnell erzählt, da er zum einen auf die Fähre zurück
nach Amsterdam führt und zum anderen aufgrund extrem schlechten Wetters
keinen Anlass zu längeren Pausen gegeben hat. Erwähnenswert ist, dass
die A686 von Penrith nach Hexham fahrerisch bestimmt Spaß machen könnte.
Aber bestimmt nicht heute, wo wir auf knapp 580 Meter Seehöhe noch mit
Graupelschauern verwöhnt werden. Trotzdem fällt uns der Abschied von der
Insel schwer und wir nehmen uns fest vor, die gewonnenen Eindrücke
vertiefen zu wollen!
Fazit: Wetter: es wird aufgrund der Schönheiten der Natur zur absoluten Nebensache Straßen: die Schotten werden es noch schaffen, eine Straße senkrecht die Wand hoch zu bauen Geschwindigkeitsregelanlagen: weder mechanisch, noch elektronisch. Auch nicht Satellitengestützt, aber dafür wiederkäuend Midges:
darauf waren wir nicht vorbereitet! Ich habe selten so etwas nerviges,
unangenehmes, ätzendes, lästiges ... erlebt. Wir sind zwar nur dreimal
"erwischt" worden sind aber regelrecht ins Zelt geflüchtet (obwohl es
nicht geregnet hat) Beheizbare Handschuhe: ohne diese wäre die Reise wahrscheinlich nach drei Tagen beendet gewesen
Schottland
ist absolut eine Reise wert. Einzelne Gebiete, vor allem die Isle of
Mull, werden wir sicher noch einmal mit mehr Zeit und Ruhe bereisen Die
Schotten sind ein unglaublich interessierter und freundlicher Schlag.
Ständig sind wir gerade als Motorradreisende angesprochen worden und die
Menschen haben sich echt über unsere Begeisterung für ihr Land gefreut. Die
Preise sind grundsätzlich ein wenig höher als bei uns. Was bei uns
einen Euro kostet, macht dort halt ein Pfund; was in etwa 20% Aufschlag
entspricht. Dafür war Benzin mit 1,3 Pfund = 1,56 € mit unseren Preisen
vergleichbar. DFDS Seaways ist eine dänische Fährgesellschaft, die
uns für etwa 420 € von Amsterdam nach Newcastle und zurück incl. einer
2er Kabine gebracht und damit die Reise um ca. 1.400 km verkürzt hat.
Trotzdem sind wir in drei Wochen 5.600 km plus einiger Fährüberfahrten
gefahren.